Neue Musik zu entdecken ist toll. Aber um ehrlich zu sein: Zwischen neuen Alben, Trends, Künstler:innen und Kollaborationen fällt man oft auf Altbekanntes zurück. Irgendwann stolpern wir unverhofft über ein Album, Musiker:innen oder diesen einen Song, der in der untersten Playlist darauf wartet, wieder entdeckt zu werden. Einmal im Monat kramen wir diese Wiederentdeckungen bei SPOTTED für euch heraus und lassen euch an diesem Hörerlebnis teilhaben.
Vor kurzem hat mich das Spotify "Song Radio" an eine Künstlerin erinnert, die Texte schreibt, wie kaum eine andere: Lary. Ihren Sound hat sie 2018 mit ihrem Albumtitel hart, fragil selbst perfekt beschrieben. Diese Neuentdeckung war für mich Grund genug, endlich eine Lobeshymne anzustimmen über eine - meiner Meinung nach- sehr unterschätzte Künstlerin.
Larys Musik ist gefühlvoll, poetisch und kommt gleichzeitig mit klaren Ansagen daher. Einordnen kann man sie am Besten im Deutschpop, sie selbst bezeichnet ihre Musik als "Future Deutsche Welle".
Den allerersten Song, den ich von ihr gehört habe, war "Kryptonit". Ein Song über eine tiefe, aber schmerzhafte Liebe. Eine Liebe, die "in die Knie zwingt". Ich war fünfzehn, und dachte, dass sich so Liebe anfühlen muss. Erst später ist mir klar geworden, dass eine Beziehung, in der man bis zur eigenen Zerstörung, alles für jemanden geben und opfern würde, nicht besonders gesund ist.
„Ironisch, dass man mit nem Lebemann wirklich alles außer leben kann, komisch das man so viel geben kann, für nen Peter Pan“
Wiederentdeckt habe ich Lary nun durch ihren neuen Song "Junge". Auch hier besingt sie eine Beziehung zu einem Menschen, der sie ganz und gar vereinnahmt, eine Liebe, in der sie sich aufgibt und zu spät bemerkt, dass sie mehr gibt als sie zurück bekommt. Auch nach dem Ende der Beziehung kommt sie nicht darüber hinweg. Der Boxkampf im Musikvideo unterstreicht ihre Aussage, dass sich das Beenden der Beziehung wie ein ewiger schwerer Kampf angefühlt hat.
Beim Durchhören ihrer älteren Alben bin ich auf einige weitere Schätze gestoßen. Larys Songs handeln fast immer von alltäglichen Gedanken und Situationen, wobei sie in jedem Lied eine neue Szenerie erschafft, in die wir uns hineinversetzen können.
So wird auch der fünfte Song über die Sinnsuche im Leben, das "jung und schön" sein, die Partynächte oder alle Facetten eines Liebeslebens, nie eintönig. Auch, weil sie ihre Zielgruppe wohl sehr gut kennt und den richtigen Ton trifft. Sie schafft es, Gefühle und Gedanken auszudrücken, in denen sich viele ihrer Hörer*innen, erkennen können.
"Columbiadamm", ist ein Song der das perfekt macht. Ein Song, der für mich so sehr "Ich bin Anfang 20 und orientierungslos" schreit, wie kaum ein anderer. Er handelt von der Suche nach der eigenen Identität, dem Sinn des Lebens, und gleichzeitig der großen Angst vor der Zukunft. Durch "Gibts Happy Endings auch für mich?" stellt sie genau die Frage, die sich wohl alle irgendwann mal stellen.
Doch auch Songs die beim Hören einfach nur Spaß machen oder einem ein Gefühl von Leichtigkeit geben, findet man bei Lary. Der Song "Taxi", der mit einer Taxifahrt von einer Bar zur anderen ein recht triviales Thema bespricht, trieft vor Metaphern und großartigen Zeilen. Sie beschreibt darin das Gefühl der Freiheit, welches Partynächte auslösen können. "Das Feuer ist geklaut, und die Schuhe sind geliehen, ich bin die Prinzessin von Berlin".
Lary macht Musik für Katerstimmung, Regentage und zum Mitsingen im Auto. Sie besingt alltägliche, fast schon nebensächliche Situationen auf eine Art und Weise und mit einer Stimme, die Gänsehaut auslöst. Lary erschafft in ihrer Musik eine Atmosphäre, die jedes Mal in eine andere Szenerie entführt. Mal in eine Kneipe, mal ins Taxi, oder mal auch nur in ein ganz bestimmtes Gefühl.
Im Mai ist ihr neues Album STEREO NOIR erschienen, das ich wärmstens empfehlen kann. Aber auch die älteren Songs und Alben sind nicht zu vernachlässigen, sie sind es wert gehört zu werden.
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