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AutorenbildKaja

Dolphin Love im Interview: "Das Auge hört mit"

Dolphin Love treibt in seiner Musik durch weite Sphären - mal ganz minimalistisch, mal pompöser. Letztes Jahr veröffentlichte der Newcomer seine ersten Singles, heute ist seine Debüt-EP 999 erschienen. Ich habe Coco gestern zum Interview getroffen, um mit ihm über seine Australien-Reise, Kreativität und die Macht der Bilder zu sprechen.

Dolphin Love
Foto: Paul Knop

Magst du dich mal kurz selbst vorstellen, für alle, die dich nicht kennen?


Ich bin Dolphin Love. Ich mache Musik, also Indie-Musik. Ich nehme alles zu Hause auf und versuche das, was gerade in meinen Kopf kommt, so gut wie möglich in die Tonspur umzusetzen.


Wie lief denn dein musikalischer Weg bis jetzt? Du hast schon als Kind Schlagzeug gespielt und warst Teil eines DJ-Duos, wenn ich das richtig gesehen habe.


Wo das denn?


In irgendeiner Tageszeitung stand das.


In manchen Momenten sollte man das Internet auch einfach löschen (lacht). Ich mache tatsächlich schon bisschen länger Musik, mein Papa spielt auch in einer Band. Dann hab ich 'ne Gitarre in die Hand bekommen und dann ging's irgendwie los. Dann hab ich Schlagzeug gespielt und das ging immer weiter. Irgendwann hab ich angefangen aufzunehmen und dachte ey, das macht ja richtig Bock und dann sind immer mehr Songs zustande gekommen und ich hab gedacht, die müssen jetzt irgendwie raus. Dafür ist das Projekt Dolphin Love da: Um einfach diese ganzen Ideen, die so rumschwirren, einfach auszuprobieren.


Als du nach dem Abi nach Australien gereist bist, hat es dann endgültig Klick gemacht und du hast gesagt: "Ich möchte Musik machen". Wie bist du denn zu dem Entschluss gekommen?


Es ist ganz lustig, irgendwie. Also ich dachte schon vorher immer, ich mache was Kreatives oder sowas. Alle aus meiner Schule damals sind zu VW gegangen und ich dachte mir, ne, das kommt auf gar keinen Fall in Frage. Also ich wollte auf gar keinen Fall in so einem Unternehmen hängen und nicht wissen, was ich tue. Als ich in Australien war und so gerade auf Reisen die Freiheit gespürt habe, dachte ich mir, ich muss einfach das machen, worauf ich Bock habe und das war so das Größte und dann dachte ich, wieso nicht.


Du kommst aus der Nähe von Wolfsburg, oder? Dann macht die VW-Verbindung Sinn.


Aus Helmstedt, ja.



Leute, die ein Auslandsjahr in Australien machen, sind ja so ein bisschen zum Meme geworden. Kannst du das nachvollziehen, dass man manchmal auch blöde Sprüche zu hören bekommt?


Ich muss auch sagen, ich fand das auch echt nicht so cool. Also ich meine, alle Leute in meinem Umfeld, die wissen, dass ich das gemacht hab, aber irgendwer hat das in diesen Artikel reingeschrieben und ich weiß noch, der kam mal bei DIFFUS im Magazin und da stand das dann mit Australien und ich dachte mir so, oah ne, jetzt denken die bestimmt alle, was'n Klischee, der Junge geht nach Australien, so wie jeder (lacht).


Deine Zeit in Australien war dann auch die größte Inspiration für deine Debüt-EP. Was genau hat dich dort inspiriert? Was wolltest du dort sozusagen auffangen und in Musik verpacken?


Mir war irgendwie wichtig, das Ganze nicht zu sehr zu durchdenken, sondern die Musik, so wie sie im Moment kommt, einfach direkt drauf zu bringen. Das, was gerade passiert, genauso zu nehmen, wie es entsteht. Ich hatte so ein bisschen das Gefühl, dass ich gerade, als ich weg war, sehr doll gelernt habe: Okay, es muss nicht immer alles perfekt sein, sondern es geht wirklich darum, einfach das zu tun - gerade in der Kunst, gerade in der Musik - das wirklich rauszubringen, was im Moment entsteht und das nicht noch zu überdenken, zu überarbeiten, sondern einfach rauszubringen.


Und das Lustige ist, die EP, die habe ich eigentlich direkt, nachdem ich wiedergekommen bin, geschrieben – bis auf zwei, drei Songs. Deswegen hat sich das so ewig lange angefühlt, wo ich dachte, ne, jetzt muss ich mal diese EP raushauen. Weil das war eine Momentaufnahme und die Songs, die existieren schon echt lange und jetzt ist es echt an der Zeit, dass die runterkommen von der Festplatte.


Wann warst du denn in Australien und hast die Songs dann aufgenommen?


Ich war da von 2019 bis 2020 und als ich wiederkam, habe ich dann direkt die ganzen Songs geschrieben – in Quarantäne sozusagen.


Wie blickst du auf die Zeit seit deinem ersten Release zurück - hat sich dein Leben seitdem verändert?


Also ich muss sagen mit jedem Song, der so rauskommt, fühle ich mich ein bisschen besser, weil sich das einfach so anfühlt, als würde man nochmal was loslassen. In dem Sinne glaube ich, je mehr ich veröffentliche, desto befreiter fühlt sich das an. Einfach das rauszubringen und den Dingen auch seinen Lauf zu geben und das war auch schön zu sehen, wie das angenommen wurde. Auch "gardenfulloflight", was die erste Single war, wo ich dann irgendwie gesehen habe, okay, anscheinend gefällt das irgendwem und das ist irgendwie schön.


Obwohl das deine ersten Songs sind, kann man schon sagen, du hast so deinen Vibe gefunden, auch vom visuellen Stil. Wie wichtig war dir das, dass alles auch vom Optischen ein Gesamtbild ergibt?


Als ich mir öfter mal Platten gekauft habe, da habe ich auch manchmal Dinge gekauft, die ich gar nicht kannte, aber ich habe das Cover gesehen und dachte mir, das ist so ein schönes Cover, das nehme ich einfach mit. Im Endeffekt war vielleicht die Musik nicht so ganz meins, aber es war einfach so ein schönes Bild, was auch so außerhalb von der Musik einen echt hohen Stellenwert hat, finde ich. Und da finde ich’s sehr schön, einfach auch mit anderen Leuten zusammenarbeiten. Jetzt für die EP für die Single-Covers habe ich zum Beispiel mit Cinzia aus Hannover zusammengearbeitet. Die hat das Cover Design gemacht und das fühlt sich einfach richtig schön an, auch was visuelles für's Auge zu haben, weil das Auge hört ja immer mit, wie man sagt.



Dolphin Love - 999
Das Cover von "999"

Ich finde nämlich auch, man sieht ja meistens bevor man die Musik hört, erst das Cover oder Pressefotos oder so. Und meistens, wenn das gut aussieht, weiß man, dass mehr dahintersteckt. Aber klar kann es sein, dass das dann nicht ganz der persönliche Geschmack ist.


Genau, es wirkt so ästhetisch und es ist ein Konzept, das gefällt mir auch sehr.


Deine Songs verkörpern das Gefühl nach Freiheit und Weite. In welchem Raum oder in welcher Umgebung bist du am kreativsten? Also der Raum, wo dieses Gefühl und das, was in der Musik da ist, rauskommt, ist eigentlich das komplette Gegenteil: Das ist ein kleiner Keller, relativ dunkel und abgeranzt, also wirklich gar kein Tageslicht, nichts, sondern da stehen nur so ein paar Lampen. Ich muss sagen, da fühlt es sich irgendwie am freiesten an, denn man hat von außen nicht so die Einflüsse, sondern man fühlt sich richtig abgeschottet und dann kommt anscheinend irgendwie das raus. Ich finde, die Songs malen durch ihre Atmosphäre direkt so ein Bild in den Kopf. Hast du eine Vorstellung, wohin du mit einem Song willst, und in welche Welt er die Hörer transportieren soll, wenn du anfängst zu schreiben? Da muss ich sagen, habe ich mir noch nie Gedanken darüber gemacht, was danach passiert, sondern es ist eher so: Manchmal gibt es Momente da hat man irgendein Gefühl oder findet irgendwas, hat auf der Gitarre ein Riff oder so und dann macht's Klick und dann muss man das einfach in dem Moment so runterbrechen.

Also klar, ich habe auch das Gefühl, dass ich in meinen Songs, so ein bisschen eine Linie - was du auch gerade sagst mit der Freiheit und so und dieses Gefühl, was dabei rüberkommt. Aber ich kann gar nicht richtig beschreiben woher das eigentlich kommt, beziehungsweise ich mache mir nie Gedanken, was dabei rauskommen soll, sondern es ist eher was komplett Intuitives. Ich glaube, das ist sogar bei den meisten Musiker*innen so, dass sie ohne Plan da rangehen, sondern sich einfach ein bisschen treiben lassen. Aber ich muss sagen, ich bin auch oft inspiriert von vielen Künstler*innen. Zum Beispiel von irgendwelchen Alben, die rauskommen, wo ich mir denke, das ist echt krass. Zum Beispiel das Album von Tom Misch und Yussef Dayes What Kinda Music, das war so ein Album, das habe ich gehört und war so, das ist so so geil, sowas will ich auch machen. Das inspiriert mich, in die Richtung hätte ich irgendwie auch Bock, mich auszuprobieren. Bevor wir dann so langsam schon wieder zum Schluss kommen, will ich noch ein bisschen auf die einzelnen Songs eingehen. Ich fand der erste Track "feelyou", der hat direkt das Gefühl vermittelt, "hört alle her, jetzt kommt meine EP", weil das schon relativ selbstbewusst klingt, finde ich. An welcher Stelle hast du den Song denn geschrieben? Der war tatsächlich ein bisschen mittendrin. Das ist lustig, dass du das sagst, weil der hat sich auch genauso angefühlt.

Also ich muss sagen, es gibt zwei Seiten. Es gibt einmal diese "gardenfulloflight"-Seite, die ist so richtig soft und smooth mit der hohen Stimme. Aber dann gibt's auch die Seite, wo ich mir denke, das muss richtig drauf gehen und alles raus. Ich habe auch lange Zeit Schlagzeug in einer Punkband gespielt, da kommt das irgendwie her, dieses bisschen auf die Fresse. Das ist irgendwie das, was im Intro auch aus mir rauskam. Ich hatte einfach Bock, dass das ein bisschen pompös ist. Das hat auf jeden Fall klappt, würde ich sagen.

Im nächsten Song "areyougoingtobehere" singst du von der "wall of illusions". Was meinst du damit genau? Ich habe oft das Gefühl, dass gerade, wenn man im Alltag irgendwie lebt, immer so von A nach B lebt und einfach immer das macht, was man so zu tun hat, dann verliere ich zumindest immer den Blick auf die Dinge. Die Perspektive ändert sich dann für mich immer in so einen Tunnelblick und man sieht nicht das große Ganze. Gerade in stressigen Situationen oder wenn der Tag relativ voll ist. Da geht's ein bisschen darum, einfach genau diese Illusion irgendwie zu durchbrechen, um das große Ganze zu sehen, um Abstand von allem zu sehen und auch in Verbindung mit dem ersten Track "feelyou" mal nur sich zu sehen, nur das Innere und kurz in sich rein zu fühlen, wo man eigentlich gerade steht. "ofnoone" startet mit dem Appell "free your mind". Von was sollten sich die Leute deiner Meinung nach befreien? Ob du es jetzt auf einzelne Personen oder die ganze Gesellschaft beziehen willst, bleibt dir überlassen. Also ganz klar beziehe ich das auf diese eine Person, auf meine Mathelehrerin von damals (lacht). Ich dachte mir damit so ein bisschen... also mir fällt oft auf, dass viele Dinge sehr ernst genommen werden in meinem Umfeld.

Ich glaube, es macht einfach keinen Sinn, alles zu ernst zu nehmen und das ist der Appell, daran einfach mal zu denken: Scheiß mal auf alles, free your mind und mal kurz den Kopf ausschalten und einfach ein bisschen leben und vor allem auch ein bisschen fühlen. Manchmal denke ich mir auch, wenn man das große Ganze betrachtet, am Ende sind wir ja doch nur ein ganz kleiner Teil vom Universum. Eigentlich ist alles gar nicht so wichtig, wenn man mal drüber nachdenkt. So in die Richtung? Im Endeffekt, ob ich mir den Gedanken jetzt mache oder nicht, der Tag endet eh immer gleich. Dieser Tag endet mit deiner EP 999 - wow, was 'ne Überleitung. Würdest du den Release eher als das Ende deines ersten Karriereabschnitts bezeichnen oder würdest du sagen, es geht jetzt erst so richtig los? Ich würde sagen, das ist auf jeden Fall der Anfang. Jetzt geht es erst richtig los, aber es gibt viele Sachen, die ich natürlich auch in der Zeit geschrieben hab, in der die Singles jetzt veröffentlicht wurden, und da gibt es auf jeden Fall noch viel, was ich auf jeden Fall noch rausbringen will und ich muss sagen, ich habe auf alles echt richtig Bock. Kannst du schon konkret sagen, auf was man sich vielleicht freuen kann und wann? Also wir sind dabei eine Live-Session zu drehen, aber mehr kann ich noch nicht verraten. Songs auf jeden Fall, aber jetzt ein Konzept – das kommt alles erst noch raus.

 

„999“ ist am 25. Februar bei xxJUGENDSTILxx erschienen.

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