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AutorenbildKaja

BROCKHOFF im Interview zu "Sharks"

BROCKHOFF hat heute ihre Debüt-EP Sharks veröffentlicht. Unaufgeregter Indie-Rock ist wohl die passendste Umschreibung für den Sound, den die Newcomerin mit ihren ehrlichen, nahbaren Texten verfeinert. Ich habe mich mit Lina zum Interview getroffen und sie zu ihrem Songwriting, den neuen weiblichen Indie-Rockerinnen und ihrer Verbindung zum ADAC befragt.


Brockhoff
Foto: Charlotte Krusche

Kannst du mal deinen musikalischen Weg beschreiben, von Lina, die Klavierunterricht hatte, bis zu der Lina, die jetzt die erste BROCKHOFF-EP veröffentlicht?


Ich habe mit acht Jahren angefangen Klavierunterricht zu nehmen und mich irgendwann immer mehr für Popmusik interessiert. Dann habe ich begonnen, mir Gitarre beizubringen und eigene Songs zu schreiben und bin ich immer mehr auf der Gitarre hängen geblieben. Lange Zeit war ich solo unterwegs und habe Singer-Songwriter-Musik gemacht. 2018/2019 war ich sehr viel auf Tour und habe in kleinen Clubs Konzerte gespielt.

Nach meinem Abitur 2020 bin ich nach Hamburg gezogen und habe mich hier super viel musikalisch ausprobiert und mit verschiedensten Leuten zusammen geschrieben. Ich habe auch diesen Popkurs an der Hochschule für Theater und Musik gemacht. Das war auch eine super wichtige Erfahrung, dort mit ganz vielen anderen Musikern zusammenzutreffen und Dinge auszuprobieren.

Dann hat sich Ende 2020 herauskristallisiert, dass ich Bock auf einen rockigeren Sound habe. Da spielte natürlich auch rein, welche Künstler*innen mich zu dem Zeitpunkt inspiriert haben, was vor allem Phoebe Bridgers, Snail Mail, Soccer Mommy und all diese Namen waren, die zu dem Zeitpunkt auch in Deutschland bekannt wurden.


Ja, dann habe ich da seit 2020 irgendwie Songs geschrieben und angefangen mit meinem Produzenten zu arbeiten, Christian Hartung hier in Hamburg, und dann hat sich dieser Sound immer mehr verbrockhofft (lacht).

Du hast schon seit deiner Schulzeit versucht in der Musik Fuß zu fassen und auch an Musikwettbewerben teilgenommen. Wie ist das denn, wenn die Musik zu etwas Kompetitiven wird?

Ich finde es wirklich sehr schrecklich. Ich habe deshalb auch gar nicht so viele Contests mitgemacht. Ich weiß, dass ich einmal an einem Band-Contest teilgenommen habe. Das wurde irgendwie super blöd kommuniziert, weil ich habe ja eher Solo-Musik und ruhigere Songs gemacht. Ich war dann zwischenzeitlich aber auch mal im Duo unterwegs und von Anfang an ein bisschen skeptisch, ob das jetzt cool ist, dass ich mit einem Duo bei einem Band-Contest mitmache. Am Ende wurde ich da irgendwie Letzte und war super aufgelöst, also es war keine schöne Erfahrung. Das war auch mein letzter Wettbewerb, an dem ich teilgenommen habe. Also irgendwie fühle ich das nicht so, weil für mich ist Musik eine Form von Kunst, und die kann man nicht vergleichen.

Du hast als Lina Brockhoff 2019 schon einmal eine EP veröffentlicht. Warum hast du mit BROCKHOFF einen Neustart gemacht?

Hauptsächlich, weil die Musik, die ich jetzt mache im Vergleich dazu schon sehr anders ist. Meine Kunst hat sich halt verändert und dann war das für mich relativ schnell klar, dass es für mich ein richtiger Neustart ist und nicht einfach nur eine Wandlung.



Dann kommen wir mal zu deiner Debüt-EP Sharks. Erstmal müssen wir über die Schuhe auf dem Artwork reden, auf dem zur Single sieht man sie ja auch schon. Wie nice sind die bitte? Wo gibt es die?

Ich wurde da jetzt tatsächlich schon mehrmals darauf angesprochen, aber ich weiß tatsächlich nicht, wo es die gibt. Vielleicht muss ich wirklich mal den Link rausfinden und online stellen (lacht). Das war damals irgendwie Zufall, dass die bei Charlotte Krusche, die die ganzen Artwork-Fotos gemacht hat, im Flur rumlagen und ich fand die irgendwie super. Dann haben wir die aus Spaß eingesteckt, als wir ein paar Fotoshootings gemacht haben. Zu dem Zeitpunkt gab’s den Song "Sharks" auch noch gar nicht, also das war wirklich Zufall, dass das dann thematisch gepasst hat.

Der Titel der EP ist ja Sharks, die Haie kommen einmal im gleichnamigen Song, aber auch im Musikvideo zu "2nd Floor" vor. Was symbolisieren die für dich?

Der Song "Sharks" handelt von einer Party, auf der ich mich unwohl gefühlt habe, weil ich das Gefühl hatte, die Leute schauen auf mich herab. Es war so eine fake happiness, die da herrschte und so ein vergleichender Vibe und ich war überhaupt nicht auf einer Wellenlänge mit den Leuten dort, den sogenannten Sharks.


Der Songtext zu dem Song ist dann auch direkt nach dieser Party entstanden. Ich hatte aber diese Idee der Begrifflichkeit des Sharks, so als Business-Hai gedacht, vor, ich glaube, schon zwei oder drei Jahren in meine Handy-Notizen geschrieben. Das ist mir in dem Moment wieder als Bild in den Kopf gekommen und ich fand es passender als je zuvor, weil ich mich eben gefühlt habe, wie in so einem Haifischbecken, wo alle nur darauf warten, dass man einen Fehler macht.



Im Video zu "Sharks" bedankst du dich in der Infobox beim ADAC. Warum?


Es war tatsächlich so, dass von der Gitarristin Sophie auf dem Weg zu diesem Dreh auf diesem Fußballplatz das Auto liegen geblieben ist. Also es lief einiges schief, es hat die ganze Zeit geregnet und gestürmt und dann ist ihr Auto noch liegen geblieben und stand dann da mitten auf diesem Bolzplatz und bevor wir dann eben anfangen konnten zu drehen, mussten wir erst den ADAC rufen, der dann auch auf den Bolzplatz fahren musste. Deshalb haben wir uns da bedankt (lacht).

Shoutout an den ADAC!

Ja, danke an der Stelle nochmal. Freund und Helfer in der Not. Hat mich tatsächlich schon einige Male gerettet.



In "Sharks" geht es wie gesagt um dieses Unwohlsein auf der Party. Wie viel Wert legst du darauf, in der Musik auch solche ungewöhnlicheren Themen anzusprechen? Also ist es dir wichtig, dass du zum Beispiel nicht nur Liebessongs schreibst oder gehst du da einfach immer nach deinem Gefühl?

Eher letzteres. Meine Songs entstehen sehr intuitiv. Ich habe auch nicht gezielt den Plan gehabt, einen Song zu schreiben, der beispielsweise das Thema Mansplaining behandelt, sondern es war einfach wirklich aus diesem spontanen Moment heraus, wo ich selber eine Erfahrung in die Richtung gemacht habe, was ich aber anhand von detailreichen Beobachtungen oder eben diesem Partymoment eher zwischen den Zeilen verpackt habe.

Die meisten Songs auf der EP sind ja tatsächlich schon auch Liebessongs, über unterschiedliche Phasen von einer Beziehung, aber ich habe für mich selbst noch nie festgelegt, dass ich jetzt entweder nur Liebessongs schreiben will oder eben auch unbedingt nicht nur Liebessongs. Also, solange das ehrlich ist und ein guter Song raus wird …

Gibt es Geschichten, die du am liebsten erzählst? Würdest du nur Geschichten erzählen, die dich persönlich betreffen oder nimmst du einfach alles, was dir gerade so über die über den Weg läuft?

Bisher habe ich schon gemerkt, dass mein Songwriting sehr autobiografisch ist. Also ich glaube, ich habe tatsächlich noch nie einen Song geschrieben, wo ich mich in die Lage einer anderen Person versetzen musste. Das wäre sicherlich auch mal spannend, aber ich stelle mir das auch sehr herausfordernd vor. Ich würde das in Zukunft nicht ausschließen, aber das Persönliche ist das, wo ich direkt viel schneller einen roten Faden bekomme.

Die meisten meiner Songs entstehen, wenn mir kleinere alltägliche Dinge oder Details in den Sinn kommen und ich darum herum dann ein größeres Gefühl baue, weil ich das auch sehr spannend bei anderen Künstlern finde.

Ein anderer Track auf der EP ist "Missing Teeth". Diesen Traum von den fehlenden Zähnen, den du ja auch im Song konkret erwähnst - hast du das wirklich geträumt?

Ich habe es tatsächlich nicht selber geträumt. Also ich habe angefangen, den Song zu schreiben und dann habe ich am selben Tag eine Doku über Traumdeutung gesehen und da kam eben auch Missing Teeth vor. Da hat es direkt Klick gemacht, weil das für mich genau zu diesem Gefühl großer Unsicherheit gepasst hat - also es gibt ja verschiedene Traumdeutungen von diesem Traum der ausfallenden Zähne. Für mich impliziert der Song sehr dieses Gefühl von Unsicherheit und Machtlosigkeit einer anderen Person gegenüber.



Ich habe das Gefühl, dass im Moment eine neue Generation an coolen Indie-Musikerinnen auf dem Weg nach oben ist. Da denke ich zum Beispiel an dich, Blush Always, Power Plush, Philine Sonny und so weiter. Nimmst du das auch so wahr? Woran liegt das, dass das gerade jetzt der Fall ist?

Ja, das ist mega schön. Ich glaube, es wird jetzt noch nicht super lange, aber seit ein paar Jahren schon vermehrt zum Beispiel auf Festival-Line-Ups darauf geachtet. Da ist natürlich, vor allem bei einigen Mainstream-Festivals, noch sehr viel Luft nach oben.

Looking at you, Rock am Ring.

Ich glaube auch, dass es unter anderem daran liegt, dass gerade zum Beispiel die Künstlerinnen, über die wir vorhin gesprochen haben, Snail Mail, beabadoobee, Phoebe Bridgers, HAIM und so die ganze Bubble schon einen Schritt voraus waren. Die waren natürlich auch alle Vorbilder für uns, also Phili und Katja von Blush Always und mich, und haben das auch gepusht, dass wir uns auch trauen, Rockmusik zu machen. Musik, die auch über diesen glatten Pop, aus dem man vielleicht noch eher Front-Frauen kennt, hinausgeht.


Also ich glaube, dass das hauptsächlich daran liegt, dass man jetzt zunehmend Vorbilder sieht, dadurch, dass weiblichen Musikerinnen und FLINTA-Personen mehr Gehör geschenkt wird, was sich dann auch auf jüngere Generationen überträgt.

Was glaubst du denn, dass wir oder vor allem Männer tun können, dass da noch mehr junge Leute nachkommen?

Ich glaube einfach hauptsächlich eine grundsätzliche Offenheit dafür zu haben, das als gleichwertig anzusehen und dementsprechend voranzubringen. Also Leoniden machen da mega coole Arbeit oder auch Jeremias und Shelter Boy, bei denen ich, Power Plush und Blush Always Support gespielt haben.


Also wenn man sich zum Beispiel um Supports Gedanken macht, dass man da genauso die weiblichen Acts im Auge hat und das weiter unterstützt. Einfach um nach außen hin zu zeigen, da sind auch junge Künstlerinnen, die gerade Indie-Musik machen und nicht nur Männerbands. Das passiert aber gerade schon, habe ich das Gefühl.

Dann sind wir auch schon bei der Abschlussfrage: Hast du einen Rat für angehende Musiker*innen, die jetzt gerade in den Startlöchern stehen, so wie du es vielleicht von paar Jahren warst?

Ich finde das immer super schwierig mit dem ultimativen Rat. Was mir aber sehr viel geholfen hat, dass ich irgendwie sehr viel gespielt habe und rumgereist bin, um Musik zu machen. Da waren auch von zehn Gigs bestimmt die Hälfte frustrierend, weil noch nicht so viele Leute kamen, weil einen noch niemand kennt. Aber es ist immer jemand dabei, den man vielleicht berührt oder der das cool findet und der einen dann irgendwie weiterleitet.


Das hat mich super viel gelehrt, auch was das jetzt angeht, mit einer Band auf einer Bühne zu stehen und da Selbstvertrauen zu finden. Also viel spielen, viel rumkommen und sich mit Leuten connecten, darüber habe ich die meisten Erfahrungen gesammelt.


Mir hat natürlich auch der Umzug nach Hamburg sehr geholfen, weil hier eine sehr coole Bubble an Musiker*innen ist. Das war glaube ich auch sehr wichtig, in so einer größeren Stadt zu sein, um sich zu connecten, sich auszuprobieren und zu schreiben und dann findet man automatisch seine Nische oder das, was einem besonders gut steht, als Musiker*in. Aber dafür muss man sich halt erstmal ausprobieren.

 

Sharks ist am 24. Juni via Humming Records erschienen.

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