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AutorenbildAnnika

Amilli im Interview: Musik als Selbsttherapie

Vor fünf Jahren hat Amilli ihre Karriere durch die 1LIVE Krone gestartet, jetzt veröffentlicht sie endlich ihr erstes Album. Mit ihrer sanften Stimme und den Low-Fi-Songs hat sie die Nische des RnB in der deutschen Musiklandschaft besetzt. Nach zwei EPs beweist die Bochumerin nun auf SOAMI, dass sie auch auf Albumlänge funktioniert. Mal über HipHop-Beats, mal über verträumten Gitarrensaiten - aber immer mit ganz viel Gefühl.

Foto: Niluh Barendt

Ich habe mich vor dem Release mit Amilli zum Interview getroffen und mich mit ihr über Selbstbewusstsein, Catcalling und die einzelnen Tracks unterhalten.

 

Was magst du besonders am Musikmachen?


Das ist eigentlich ganz einfach: Im Studio sein und Songs zu schreiben. Das ist mein absolut liebster Teil an dem Ganzen. Aber auch, Musikvideos zu drehen, mir die Konzepte mit meinem Team auszudenken und mich da kreativ ausleben zu können. Leider gehört noch mehr dazu. Ich wünschte, es könnte nur das sein.


Musst du traurig sein, um einen traurigen Song zu schreiben und glücklich, um einen glücklichen Song zu schreiben?


Eigentlich nicht. Es reicht, wenn man anfängt, einen Song zu produzieren und das Instrumental zu machen. Dann gehen wir meist so vor, dass wir das Instrumental so produzieren, bis man einen Vibe findet und dann anfängt zu schreiben. Meistens ist es dann der Mood vom Song, der mich schon in die passende Stimmung dafür bringt.


Wie hat sich die Zeit der Entstehung des Albums und die Arbeit mit deinem Produzenten Leo für dich angefühlt?


Es war auf jeden Fall intensiv - jetzt beim ersten richtigen Album. Wir haben das meiste eigentlich zuhause gemacht, beziehungsweise in so einem Häuschen im Sauerland am Wald. Es hat mega viel Spaß gemacht. Wir haben viele intensive Phasen gehabt, in denen wir weggefahren sind und uns nur für's Musik machen Zeit genommen haben. So konnten wir da so richtig eintauchen. Wir haben immer intuitiv drauf losgearbeitet und auch versucht, uns so wenig wie möglich zu vergleichen. Ich erwische mich manchmal bei Momenten, wo ich so denke "Lass mal so ein Song machen wie der und der - dass das so und so klingt". Das haben wir dann gar nicht zugelassen, sondern einfach nur unser Ding gemacht.


Was bedeutet das Album für dich?


Ich würde sagen, das ist meine persönlichste Musik. Vorher habe ich auch viel Storytelling gemacht, dieses Mal habe ich das sozusagen als meine eigene Therapie genutzt. Ich habe meine ganze Entwicklung als Mensch, die Beziehung zu mir selbst und anderen Menschen in dieses Album verpackt. Deswegen bedeutet es mir sehr viel.



"I Know I Know" sticht mit den etwas lauteren Drums schon etwas heraus. In dem Song geht es um Selbstermächtigung und seinen Selbstwert zu erkennen. Hat der Song dir dabei geholfen, das zu lernen oder anzuerkennen?


Ich weiß nicht genau, ob das jetzt genau der Song war - ich habe viele Songs in die Richtung geschrieben. Aber das hat mir auf jeden Fall auch geholfen. Das sind eben auch einfach Dinge, die man mit der Zeit irgendwie lernt.


Es ist sehr persönlich seine Gefühle mit der Welt zu teilen. Das empowert dich bestimmt auch, oder?


Ja, auf jeden Fall. Es geht mir aber gar nicht unbedingt darum, dass ich meine Gefühle mit der Welt teile. Ich denke im Prozess des Musikmachens gar nicht unbedingt an andere Menschen. Ich mache das einfach, weil es mir Spaß macht, ich darüber schreiben möchte und es mir selbst sehr hilft.


In "My Window" sprichst du ganz offen über Catcalling - warum war es dir wichtig, das Thema mit reinzunehmen?


Ich habe immer mal wieder so Momente, wo ich mega frustriert bin, wie unsicher ich mich manchmal fühle und wie "normal" das ist, dass jede FLINTA* Erfahrungen gemacht hat, in denen sie irgendwie belästigt wurde oder sich einfach nicht sicher gefühlt hat. Da bin ich manchmal so krass wütend und denke mir: "Ich will gerade einfach nur nach Hause kommen. Ich will nicht schon wieder ein Taxi nehmen müssen, weil ich Schiss habe, nach Hause zu laufen." Das ist das Gefühl, was ich in diesem Song verarbeitet habe.


Don't walk right behind me / Don't tell me to smile, I'm tired of the fact that I can't go out at night / I see your mouth form "cunt" / When I decline your catcalls

Amilli in "My Window"


In "Carry On" singst du "Everything has been said or at least in my head - Maybe we‘re just on standby, but who‘s gon’flip the switch?" Worum geht es dir in dem Song?

Foto: Niluh Barendt

Es gibt manchmal verzwickte Beziehungen im Leben, die einfach nicht klappen - ob jetzt romantisch, freundschaftlich oder familiär. Ich denke ganz oft, ich muss etwas zum hundertsten Mal besprechen und versuchen zu klären. Es gibt aber irgendwann einen Punkt, wenn man oft verletzt wurde oder nicht verstanden wird, an dem man dann einfach seinen Frieden damit schließen muss. Man braucht nicht dieses letzte Gespräch, damit alles wieder gut ist, manchmal muss man das mit sich selbst führen und für sich seinen Frieden schließen.


"Stuck In My Head" ist ein recht ambivalenter Song - auf der einen Seite möchte man sich gar nicht auf jemanden einlassen und auf der anderen wird man dann komplett in den Bann der Person gezogen, richtig?


Ja, voll. Ich habe eine Zeit lang viele traurige und deepe Sachen geschrieben und hatte dann einfach Bock, einen selbstbewussten, spaßigen Song zu schreiben. In dem Song geht es darum, dass man selbst unabhängig ist und niemanden braucht, weil man selber schon komplett ist. Es gibt dann aber doch manchmal eine Person, die einen irgendwie in den Bann zieht - wie du schon gesagt hast.


"Suitable" handelt von einer kurzen unbedeutenden Affäre, bei der man merkt, dass man eben nicht so gut zusammenpasst und nur ein Ideal von der Person im Kopf hatte - wie ist der Song entstanden?


Tatsächlich ist das der einzige Song, den ich mit jemand anderem geschrieben habe. Der ist im Lockdown bei einer Zoom-Session mit Dan Holloway aus London entstanden. Das war sehr interessant, dass man per Zoom Songs schreiben kann. Der ist thematisch auch ähnlich zu "Stuck In My Head": Die Aussage davon ist "Ich brauche niemanden - ich bin mir selbst genug" und "Ich habe das Gefühl, dass du mir nicht genug geben kannst". Man passt halt nicht wirklich zusammen.



In "Sweet Life" sagst du: "Maybe I Found My Way". Würdest du sagen, du hast jetzt deinen Weg gefunden?


Ja, ich würd's schon sagen - jetzt gerade auf jeden Fall. Das ist natürlich immer so ein bisschen tagesabhängig. Man hat ganz oft das Gefühl, man hat überhaupt keine Ahnung, was man tut. Aber manchmal, wenn man so ein bisschen rauszoomt und sein Leben von außen anschaut, dann würde ich schon sagen, dass ich weiß, was ich will und was mir gut tut. Ich denke, ich kann da mittlerweile gut mit umgehen.


Was steht bei dir denn jetzt als Nächstes an?


Gerade mache ich so viele Sachen gleichzeitig - auch weil ich independent bin. Ich habe Bock, nach dem Album wieder Musik zu machen. Bei meinem Job gibt es ja immer so Phasen und jetzt gerade ist eine, wo ich irgendwie überhaupt keine Zeit habe, Musik zu machen. Ich habe aber mega Lust wieder was zu schreiben und auch mal mit anderen Künstler*innen zusammenzuarbeiten, weil ich das noch nicht so oft gemacht habe.


 

SOAMI wurde am 12. Mai via MIGHTKILLYA veröffentlicht.

 

TOURDATES

19.05. Hamburg - Hebebühne

20.05. Köln - Luxor 21.05. Berlin - Monarch

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